Nachdem der SPIEGEL in seiner Ausgabe vom 5.2.2005 die Auswirkungen der Visa-Vergabepraxis nach einem Erlass von Ludger Volmer aus dem Jahr 2000 zu einer Titelgeschichte erhob, wird das Thema heiß diskutiert und soll, geht es nach der Opposition, sogar zu einem Rücktritt Joschka Fischers führen. Zuständigkeiten, Verantwortlichkeit und die Frage, wer zu welchem Zeitpunkt was wusste, sollen nun durch einen Untersuchungsausschuss geklärt werden. Nicht zu übersehen ist allerdings, dass es hier um viel mehr als ein bürokratisches Detail geht, denn die immer präsente Zuwanderungsdebatte flammt dadurch wieder neu auf und außerdem handelt es sich bei Fischer um den seit Jahren beliebtesten Politiker der Regierung, ja des Landes, den die Oppositionsparteien natürlich ganz besonders gern „abschießen“ würde. Unter umgedrehten Konstellationen, wenn es also um einen CDU-Minister gehen würde, würde sich dies sicher kaum anders verhalten, aber trotzdem scheinen hier noch ganz andere Dinge hineinzuspielen. Abgesehen von der evtl. separat zu betrachtenden Verwicklung Volmers mit den Geschäften der Bundesdruckerei wäre es nötig, den entsprechenden Erlass einmal eingehender zu betrachten. Das Schlagwort „in dubio pro libertate“, welches auch der SPIEGEL verbreitete, findet sich tatsächlich und suggeriert offenbar für viele, dass die zuständigen Beamten vor Ort in den Auslandsbotschaften sozusagen dazu gezwungen wurden, jeden hereinzulassen. Tatsächlich ging es allerdings zunächst um eine prinzipielle Erweiterung des Ermessensspielraumes und die Entscheidung sollte im Zweifelsfall dann FÜR die Erteilung fallen, wenn sich Gründe dafür und dagegen die Waage halten, in dubio also. Faktisch war es in der Tat einfacher, ein Visum zu erhalten, das bedeutet natürlich auch, dass die Wahrscheinlichkeit, dass diese Erleichterung in krimineller Weise ausgenutzt wird, anstieg. Da das Ergebnis offenbar bis zu einer erneuten Änderung, die Reiseschutzpässe nicht mehr als ausreichend definierte und später den Erlass grundlegend revidierte, in hohem Maße Schleuserbanden die Arbeit erleichterte, war es bedenkenswert, hier wieder restriktiver vorzugehen, auch wenn es von vielen Seiten grundsätzlich begrüßt wurde, dass es Erleichterungen in der als zu umständlich beschriebenen Visavergabepraxis gab. Auch Unionspolitiker haben dies in der Vergangenheit von Volmer gefordert, sogar nach dem diskutierten Erlass.
Halten wir also fest: der Volmer-Erlass hat nach aktuellem Kenntnisstand de-facto die Visavergabe erleichtert und damit wurde in erhöhtem Maße Missbrauch betrieben. Was in der aktuellen Debatte weitgehend ausgeblendet wird ist, dass daraus 2003/2004 auch Konsequenzen gezogen und die alte Vergabepraxis wiederhergestellt wurde. Die Statistik zeigt, dass nach einer Verdoppelung der in Kiew gewährten Visa 2003 wieder der Stand von 2001 erreicht wurde, der Zeit VOR dem Erlass. Auf die Gesamtzahl der vergebenen Visa hatte diese vorübergehende Änderung hingegen überhaupt keinen Einfluss, was natürlich nichts daran ändert, dass es hier zu teilweise skandalösen Vorgängen kam.
Allerdings gibt es noch einen Nebenaspekt, denn in verschiedenen Diskussionen fiel mir auf, dass zunehmend die Behauptung auftauchte, Volmer und Fischer hätten die Absicht, die deutsche Bevölkerung „auszudünnen“. Dieser Begriff tauchte immer häufiger auf und auch der Zusammenhang wurde immer deutlicher, denn unterstellt wurde, es ginge darum, sozusagen auf rassischer Basis alles Deutsche durch Zuwanderung zu eliminieren, die deutsche Kultur zu zerstören usw., also klassische rechtsextrem-neonazistische Denkmuster. Diese Verschwörungstheorien, die wahlweise Juden, Freimaurer, Linke, die USA usw. als Unterdrücker der Deutschen identifizieren und natürlich in Konsequenz nur dazu dienen, die Geschichte umzuschreiben, sind weitverbreitet und finden bedauerlicherweise zunehmend Anhänger, die sich auch öffentlich äußern. Man findet hier immer wieder dieselben Argumentationsmuster vor und zudem eine recht übersichtliche Anzahl angeblicher Beweise, wie immer wieder repetiert werden. Nicht zufällig wurde der oben erwähnte Vorwurf in den Diskussionen beispielsweise zusammen mit der angeblich geplanten Kastration/Sterilisation der Deutschen nach dem Krieg in einen Kontext gestellt. Hierbei handelt es sich um einen der in nahezu jedem Pamphlet auftauchenden Pseudobeweise, die ein unsinniges, im Selbstverlag herausgegebenes Buch eines jüdischen Einzelgängers in direkter Nachfolge Goebbelscher Propaganda zu einem ernsthaften Plan der Alliierten umdichten. Überhaupt ist der Umgang mit Quellen und Zitaten in entsprechenden Kreisen geprägt von blanken Erfindungen, Umdeutungen und gezielter Desinformation. Nichts ist besser als Namedropping, deswegen werden Aussagen von namhaften Historikern völlig falsch zitiert und interpretiert und –eine besondere Spezialität- es gibt kaum eine antisemitische Aussage, die nicht durch das Zitat eines angeblichen oder tatsächlichen Juden „bewiesen“ wird.
Nach diesem Exkurs zurück zur Visavergabe: der Begriff „verdünnen“ passt natürlich perfekt in die beschriebene Verschwörungstheorie bzw. in ein von Blutsmythen getränktes Weltbild, das „Verwässern“ des arischen Blutes durch „Fremde“ ist eine einschlägig bekannte rassistische Konstruktion. Grundlage für den Begriff bildet ein Artikel von Mariam Lau in der Welt, in dem es heißt:
Was Fischer betrifft, ist seine Auffassung mit dem Titel seines Buches “Risiko Deutschland” wohl ebenso knapp wie treffend beschrieben. Zwar hat er – zuletzt auch im Zusammenhang mit dem Zentrum für Vertreibungen, das er, ein ungarndeutsches Flüchtlingskind, energisch ablehnt – keinen Zweifel an Deutschlands demokratischer Festigung. Aber es bleibt eben beim “Risiko”, das nur durch Westbindung und europäische Integration einzuhegen sei: “Eine deutsche demokratische Linke, die diese beiden historischen Grundbedingungen der bundesrepublikanischen Politik nicht mit Klauen und Zähnen verteidigt, muß von Sinnen sein, denn sie würde nicht nur das Land, sondern auch sich selbst erneut in eine schlimme Gefahrenlage bringen.” Deutschland muß von außen eingehegt, und innen durch Zustrom heterogenisiert, quasi “verdünnt” werden.
Nach dem längeren Zitat aus Fischers Buch könnte also zunächst der Eindruck entstehen, auch bei „verdünnt“ handele es sich um eine wörtliche Wiedergabe. Und genau darauf basieren auch die oben beschriebenen Unterstellungen. Sieht man genauer hin, könnte es sich aber genauso gut auch um einen von M. Lau gewählten Begriff handeln, den sie bewusst in Anführungszeichen setzt. Auch diese Idee kommt man natürlich nicht, wenn man sowieso schon weiss, was die Verschwörer dem deutschen Volk antun wollen. Meine Nachfrage bei M. Lau ergab, dass es sich tatsächlich NICHT um ein Zitat handelt, sondern um eine eigene Formulierung, die ich allerdings für mindestens sehr unglücklich halte. Obwohl M. Lau versicherte, dass sie eine entsprechende Interpretation natürlich nicht beabsichtigt habe, fürchte ich, dass dies, wie in allen anderen Fällen, den rechten Spinnern völlig egal sein wird. Ich würde mich sehr wundern, wenn dieses scheinbare Zitat nicht demnächst in der üblichen Weise auf den entsprechenden Webseiten und Postillen auftauchen würde, natürlich als von Fischer selbst stammend und die Vernichtungsabsichten gegenüber den Deutschen beweisend. Gerade in Anbetracht des weitgehend von völliger Unkenntnis der Argumentationsweisen der Rechtsextremen geprägten Umgangs mit diesem Gedankengut, man denke nur an das breite Unverständnis, dass die –völlig richtige- Bezeichnung der Hohmann-Rede als antisemitisch hervorrief, ist es wichtig, hier rechtzeitig die Dinge zurechtzurücken.
MountainKing am 16. Februar 2005
Politik | [3]
Hier hat sich jemand die Mühe gemacht und unter Windows, MacOS und Linux die meistgenutzten Browser zu testen. Aber diesmal nicht auf Sicherheit oder auf Umsetzung irgendwelcher Standards sondern auf Geschwindigkeit. Zusammengefasst:
So overall, Opera seems to be the fastest browser for windows. Firefox is not faster than Internet Explorer, except for scripting, but for standards support, security and features, it is a better choice. However, it is still not as fast as Opera, and Opera also offers a high level of standards support, security and features.
On Linux, Konqueror is the fastest for starting and viewing basic pages on KDE, but as soon as script or images are involved, or you want to use the back or forward buttons, or if you use Gnome, Opera is a faster choice, even though on KDE it will take a few seconds longer to start. Mozilla and Firefox give an overall good performance, but their script, cache handling and image-based page speed still cannot compare with Opera.
On Mac OS X, Opera and Safari are both very fast, with Safari 2 being faster at starting and rendering CSS, but with Opera still being distinguishably faster for rendering tables, scripting and history (especially compared with the much slower Safari 1.2). Camino is fast to start, but then it joins its sisters Mozilla and Firefox further down the list. Neither Mozilla, Firefox nor IE perform very well on Mac, being generally slower than on other operating systems.
On Mac OS 9, no single browser stands out as the fastest. In fact, my condolences to anyone who has to use one of them, they all perform badly.
Und außerdem ist Lynx schneller als Links. Nur sollte man bei der Benutzung aufpassen, dass man nicht verhaftet wird.
trenc am 12. Februar 2005
Technik |
Ok, Kommentarspam hatte ich hier überhaupt nicht, dafür aber jede Menge Trackbackspam. Ralf hat schon sein Textpattern-PlugIn mit einer Moderationsfunktion versehen. Aber: Ich mag erstens Moderationen nicht – da müsste ich auch jeden Tag reinschauen und 30 Spams löschen – und zweitens werden die Spams in den »recent comments« dennoch angezeigt; modiert oder nicht. Also andere Lösung:
Die ständig wechselnden IP-Adressen lassen auf ausgiebigen Proxygebrauch schließen. Also nehm’ ich mir meine htaccess und schreib’ unter
RewriteEngine On
RewriteBase /
ein
RewriteCond %{HTTP:VIA} \.
RewriteRule ^trackback.php - [F,L]
Da fast alle Proxyserver ein http_via im Header mitsenden (ok, außer wirklich anonymisierte, aber die sind echt rar) schließe ich damit Proxybenutzer von der Benutzung der trackback.php aus. Also wer mich trackbacken möchte, sollte diesen nicht über einen Proxy absetzen. Ich würde gern den Spammer über seine Proxybenutzung einschränken, leider schweigt da das Log vom Apache.
Ich hoffe, ich hab’ hier keinen Denkfehler gemacht. Mal schauen!
Nachtrag:
DocX hatte auch das Problem und konnte den Spammer als Pinappleproxy-Nutzer einschränken. Also flux umgeändert in:
RewriteCond %{HTTP:VIA} ^.+pinappleproxy
RewriteRule ^trackback.php - [F,L]
Somit sollte nur der Pinappleproxy-Nutzer vom Trackback ausgeschlossen werden.
trenc am 5. Februar 2005
Technik | [4]