Bettelorden und Stadttopographie – Zum Problem der Stadtrandlage der Bettelordensklöster

von Tommy Schmucker am 27.01.2006

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Die mittelalterlichen Niederlassungen der Bettelorden finden sich fast ausschließlich in städtischen Siedlungen. Diese Orientierung der Bettelorden ist ein Phänomen, das immer wieder zu beobachten ist. Vor allem die Franziskaner und Dominikaner wandten sich von Anfang an hauptsächlich einer städtischen Gemeinschaft zu. Das hatte verschiedene Gründe. Hier hielten sich die meisten Leute auf; die Predigten erreichten viele Menschen auf einmal und sie verbreiteten sich hier am schnellsten1. Das Phänomen, dass die Klöster der Bettelorden vornehmlich am Stadtrand respektive an der Stadtmauer zu finden waren, ist auch seit längerem bekannt und wird durch die Topographie in ihren Verbreitungsgebieten bezeugt2. Allerdings gehen die Meinungen auseinander, wenn man zu der Frage kommt, warum dies so war, und welche Faktoren darauf Einfluss hatten. So gibt es wie so oft zu einem Befund die unterschiedlichsten Interpretationen.

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Jürgen Sydow kommt zu dem Schluss, dass »die Randlage der meisten Bettelordensklöster nicht nur und ausschließlich damit erklärt werden sollte, daß hier eben noch Baugrund vorhanden war3, sondern daß da auch der Gedanke der Seelsorge an den Randschichten mitgespielt haben könnte4.« Ähnlich argumentiert auch Arno Herzig, demzufolge drängten sich die Franziskaner »mit der Absicht nicht in die Zentren der Stadt, die bleiben am Rand, in Kontakt mit den Unterschichten, wie es die Regel verlangte5.« Dies setzte jedoch voraus, dass zur Zeit der Klostergründungen in der jeweiligen Stadt ein deutliches stratifikatorisches Gefälle vorgeherrscht haben musste. Zu beachten ist hier ebenfalls die Reziprozität zwischen den Bettelordensklöstern und der sozialen Zusammensetzung der Bevölkerung um das Kloster. Denn diese zogen ganz bestimmte Bevölkerungsschichten in ihre Nähe. So sprechen auch neuere Ergebnisse der Sozialtopographie nicht zu Gunsten dieser These. Es ist zwar in der mittelalterlichen Stadt durchaus ein soziales Gefälle vom Zentrum nach außen hin festzustellen, aber eigentliche Armuts- oder Randgruppengebiete waren selten. Die soziale Segregation der Stadt im Mittelalter ist nur schwach fassbar6. Diese Erklärungsmodelle haben eines gemeinsam: Die Standortwahl der Konvente wird eindeutig den Orden zugewiesen und externe Faktoren werden weitgehend ausgeblendet.

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Anders dagegen formuliert es Bernhard Stüdeli aufgrund seiner Untersuchungen der schweizerischen Bettelordensklöster. Ihm zufolge sei der Baugrund am Stadtrand von den jeweiligen Stadträten zur Verfügung gestellt worden. Für ihn ist also der Vorbesitzer bei der Standortwahl der ausschlaggebende Faktor gewesen, auch wenn er andere Stifter nicht ausschließt. Stüdeli geht dabei von der Beobachtung aus, dass die Bettelordensklöster häufig für öffentliche Zwecke genutzt wurden. Und er hebt besonders den fortifikatorischen Aspekt bei der Stadtrandlage hervor. So hätten die Stadträte den Klöstern deswegen den Ort am Stadtrand zugewiesen, da deren Mauern eine Verstärkung der Stadtmauern bedeuteten und die Mönche zu weiteren fortifikatorischen Aufgaben herangezogen werden konnten7. Den Grund für diese Beziehung zwischen der städtischen Obrigkeit und der Bettelorden sieht Stüdeli in der Ausformung des Armutsideals beziehungsweise in dem Eigentumsverbot der Franziskaner, die mit dem Verzicht auf ihr Eigentumsrecht an ihren Klöstern der Stadtobrigkeit das Verfügungsrecht überließen.

Bettelordensniederlassungen in der Schweiz8

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Dass sich die Niederlassungen der Bettelorden fast ausschließlich in städtischen Siedlungen befinden, trifft auch für das Gebiet der Schweiz zu. So befinden sich alle acht mittelalterlichen Dominikanerkonvente in Städten. Von den 19 schweizerischen Franziskanerklöstern befinden sich nur zwei auf ländlichem Gebiet. Und diese zwei Standorte lassen sich auf außerordentliche Umstände zurückführen. Während die Gründung des einen auf eine örtliche Marienerscheinung zurückzuführen ist, wurde das andere zum Gedenken an den Mord an König Albrecht am Tatort gegründet. Gilomen stellt fest, dass die Präferenz der Dominikaner für wenige aber große Konvente in größe­ren Städten und der Franziskaner für viele aber kleine Klöster in kleineren Städten auch für die Schweiz zutrifft. Selbst die Augustinereremiten, die nach der strengen Augustinerregel abgeschieden und klausuriert leben sollten, hatten alle ihre sieben Klöster in städtischen Niederlassungen.

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Gleiches trifft auch auf für die Frauenzweige der Bettelorden zu. So sind elf der 15 Frauenkonvente der Dominikaner und fünf der sieben Klarissenkonvente in Städten gegründet worden. Die Stadtlage der Frauenkonvente ist jedoch mit der funktionalen Begründung eines apostolische Wirkens, der Predigt oder der Beichtabnahme nicht zu erklären, denn diese blieben der Welt entzogen und dem klausrierten Gemeinschaftsleben verpflichtet. Ebenso lässt sich die Lage mit dem Argument, dass sich Frauenkonvente in der Nähe der sie betreuenden Männerklöster befinden, nur bedingt begründen. Es befinden nur fünf von zwölf städtischen Dominikanerinnenklöstern und drei der fünf Klarissenklöster in der Nähe der Männerkonvente. Für knapp die Hälfte der Frauenkonvente ist also dieses Argument nicht haltbar.

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Speziell innerhalb des Franziskanerordens wurde die städtische Ausrichtung der Klöster aber nicht selbstverständlich hingenommen. So beantwortete der Heilige Bonaventura die Streitfrage in seiner Auslegung der Ordensregel: Erstens gehe es darum dem geistlich zu betreuenden Volk nahe zu sein. Zweitens sei der Lebensunterhalt in den Städten besser zu finden, da die Franziskaner keinen Grundbesitz hatten und deswegen davon nicht leben konnten. Der Lebensunterhalt musste erbettelt werden. Und drittens sei die Sicherheit, sowohl für die Mönche, als auch für die Predigt hörende Bürgerschaft in den Städten höher, die vor allem durch die Stadtmauern (sic!) gewährleistet wurde. Obwohl die Mönche intrinsisch handelten und das Grundstück selbst auswählten, ist der externe Faktor, der Wunsch der Bürger, die Minoriten sollten sich an einen gefahrlosen Ort aufhalten zu beachten.

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Die Stadtmauerlage der Bettelordensklöster gestaltet sich schwieriger zu eruieren. Denn hier muss der genaue Verlauf und die Datierung der Mauer von Archäologen rekonstruiert werden. Gilomen ermittelt, dass sich von den insgesamt 48 ursprünglichen Bettelordensniederlassungen in den Städten nur 23 an der Stadtmauer befinden. In einem zweiten Schritt ermittelt er weiterhin, dass nur neun der Klöster bei ihrer Gründung an einer Stadtmauer lagen. 28 Klöster lagen dagegen nicht in einer Stadtmauerlage. Es stellt sich also für die Schweiz der überraschende Befund ein, dass die Stadtmauerlage nur für eine Minderheit der städtischen Bettelordensniederlassungen zu traf und dass häufig die außerhalb gegründeten Klöster erst nachträglich mit in die Mauern einbezogen wurden. Gilomen verneint zwar die fortifikatorischen Aspekte bei der Einbeziehung der Klöster in die Stadtmauer nicht, aber er mildert sie aufgrund einiger urkundlichen Befunde stark ab.

Bettelordensniederlassungen in norddeutschen Städten9

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Eine vollkommen andere Herangehensweise an das Thema bietet Arend Mindermann mit seiner Forschung über die Bettelordensniederlassungen im norddeutschen Raum. Einerseits stellt der im vornherein die Frage, ob externe oder interne Faktoren für die Standortwahl eines Konventes in Betracht kommen, und andererseits untersucht er daraufhin speziell ausgesuchte norddeutsche, insbesondere niedersächsische Städte. So untersucht er zuerst die Bischofsstädte Bremen, Hamburg und Hildesheim und danach die autonomen Landstädte Göttingen, Braunschweig und Lüneburg.

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Trotz der Gemeinsamkeit als Bischofsstädte grenzten sich diese durch ihre Art der Sitze erkennbar ab: Bremen war Sitz eines Erzbischofs, während Hildesheim Sitz eines Bischofs und Hamburg Sitz eines Domkapitels war10. Da das Bremer Franziskanerkloster – es bestand seit spätestens 1241 – innerhalb der Domfreiheit lag, schließt Mindermann, dass eine Mitwirkung des örtlichen Erzbischofs bei dessen Gründung wohl wahrscheinlich war. Die urkundlich besser dokumentierte Gründung des Dominikanerklosters – um 1225 – belegt jedoch explizit eine Einflussnahme bei dessen Gründung. Denn diese erfolgte im Rahmen des Kreuzzuges gegen die Stedinger, bei welchem der Erzbischof die Dominikaner zur Unterstützung in die Stadt berief. Weiterhin führt Mindermann aus, dass die in die Stadt berufenen Dominikaner das Nonnenkloster St. Katharinen übernahmen. Dieses Nonnenkloster, welches zuvor im Besitz der Zisterzienser war, wurde vom Erzbischof ausdrücklich den Dominikanern überschrieben. So spielte in Bremen der Erzbischof bei der Gründung der Bettelorden, insbesondere bei den Dominikanern, eine wichtige Rolle. Die Stadtrandlage des Klosters lässt sich hier jedoch nicht auf freien Baugrund eines Stifters zurückführen, sondern darauf, dass sich hier bereits ein Kloster befand, welches die Dominikaner übernahmen. Fortifikatorische Aspekte bei der Gründung oder Übernahme dürften hier, wenn überhaupt, nur eine nebensächliche Rolle gespielt haben. Welche Einflussnahme der Orden selbst bei der Standortwahl hatte, ist aus den Quellen jedoch nicht ersichtlich.

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Für Hildesheim stellt Mindermann deutliche Ähnlichkeiten bei der Ansiedlung der Franziskaner und Dominikaner mit Bremen fest. Denn auch hier war es der Bischof, der die beiden Bettelorden förderte. So erhielten beide Orden bereits bestehende Gebäude zugewiesen. Die Franziskaner erhielten zunächst ein Gebäude im Hospital am Stadtrand und später ein großes Gebäude nahe der Domimmunität an der Außenseite der Ummauerung des Dombezirks. Ebenso bekamen auch die Dominikaner ihren Grund und Boden von diesem Bischof. So war auch hier die Wahl des Standorts der Konvente dem Stifter überlassen und die Stadtrandlage resultiert eher aus den lokalen Gegebenheiten, als aus den inneren Vorgaben der Mendikanten.

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Anders dagegen verhält es sich in Hamburg. Denn hier hatte der Erzbischof von Hamburg-Bremen keinen Einfluss auf ihre Gründung. Die maßgebliche Rolle für die Ansiedlung der Bettelorden übernahmen hier die Holsteiner Grafen. Graf Adolf IV. hatte nicht nur das Hamburger Franziskanerkloster gegründet, er trat später sogar dem Konvent bei. Da das Kloster unmittelbar außerhalb der Stadtmauer lag, wurde ihm sofort auferlegt, das Gelände mit einer neuen Mauer zu umgeben. So dürften hier strategische oder fortifikatorische Aspekte durchaus eine Rolle gespielt haben. Und auch die Dominikaner haben den Grund und Boden für ihr Kloster von dem Holsteiner Grafen erhalten. Diese allerdings erhielten ein Areal außerhalb der Stadt und zwar den ehemaligen befestigten Herrensitz.

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Bei der Betrachtung der freien Landstädte Göttingen, Braunschweig und Lüneburg ergibt sich nun ein noch deutlicheres Bild für die Gründungsumstände der Bettelorden. Die Zeit der Gründungen in diesen Städten liegt um die Jahrhundertwende vom 13. zum 14. Jahrhundert.

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Für Göttingen ergibt sich das Bild, dass auch hier der lokale Herzog, Albrecht II., sich als Förderer geistiger Einrichtungen betätigte. Er gründete das Göttinger Dominikanerkloster auf seinem Grund. Der Stifter des Franziskanerkonventes, wenn es denn einen gab, lässt sich aus den Quellen nicht bestimmen. Allerdings stand auch dieses auf dem Grund und Boden des Herzogs, so dass eine Teilnahme an der Gründung eher wahrscheinlich ist. Auch hier lagen beide Klöster am Stadtrand. Durch die mächtige und noch heute erhaltene Westwand des Dominikanerklosters, die an die Stadtmauer grenzte, schließt Mindermann, dass der Herzog das Kloster als Verstärkung seiner Residenzstadt gesehen hat. So wurde auch hier, wie schon zuvor in Hamburg, ein ehemaliges und nicht mehr benötigtes Herrschaftszentrum dem Bettelorden zur Verfügung gestellt. Ebenso ist auch das Lüneburger Franziskanerkloster von Landesherr gestiftet worden und der Grund und Boden lag im direkten Zugriff desselben.

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Ein etwas abweichendes Bild zeigt sich in Braunschweig. Hier stellten nicht die Herzöge den Grund und Boden zur Verfügung, sondern die ihm lehnshörigen Adligen. So wurde das Dominikanerkloster auf dem ehemaligen Truchsessenhof errichtet. Als Stifter des Franziskanerklosters wird zwar Kaiser Otto IV. angenommen, jedoch stand auch dieses auf einem ehemaligen Adelshof.

Bettelordensniederlassungen im sächsischen Raum

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Das bedeutendste Dominikanerkloster in Sachsen bestand in Leipzig. Reste davon haben sich leider nicht erhalten, da es in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts gesprengt wurde. Für den Dominikanerkonvent zeigt sich nun auch ein ähnliches Bild, wie es Mindermann für die norddeutschen Städte beschreibt. Denn 1231 überschrieb Markgraf Heinrich der Erlauchte dem Orden ein Grundstück an der Stadtmauer (Abb. 1) und dazu das Recht weitere zum Kloster gehörende Gebäude in Stein auszubauen11. Für die Franziskanerklöster in Sachsen lassen sich so gut wie keine Aussagen über ihre Gründungsphasen treffen, da die Quellenlage überaus schlecht ist. Für Leipzig ist aber erkennbar, dass der Franziskanerkonvent in die Stadtmauer eingebunden war und sogar über ein eigenes Stadttor verfügte (Abb. 1).

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In der durch Silberfunde reich gewordenen Stadt Freiberg besteht ebenfalls seit Mitte des 13. Jahrhunderts ein Dominikanerkonvent. Eine äußere Einflussnahme bei der Gründung desselben ist jedoch durch die Quellen nicht zu erkennen. Erkennbar ist nur, dass es sich ebenfalls in Stadtrandlage befand (Abb. 2). Auch für ein ansässiges Haus der Magdalenerinnen finden sich keine Hinweise über die Gründungsfaktoren. Es ist aber anzunehmen, dass es in Verbindung mit den dortigen Dominikanerkonvent stand. Das Haus der Magdalenerinnen befindet sich ebenfalls in Stadtrandlage, wie auch das Freiberger Franziskanerkloster, welches um 1230 gegründet wurde12. Die Mauern des Geländes des Franziskanerkonventes sind sogar, wie in Leipzig schon gesehen, in die Stadtmauer mit eingebunden (Abb. 2). Zu erwähnen ist noch, dass sowohl das Gelände des Franziskaner- wie auch des Dominikanerkonventes sehr nah an der Burg (Schloss) liegen. Ob der Grund und Boden jedoch dazugehörte und ob es eine Einflussnahme bei der Errichtung beider Klöster gab, lässt sich jedoch nicht bezeugen.

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So bestätigt auch das Zittauer Franziskanerkloster in der Oberlausitz das Bild der Stadtrandlage (Abb. 3). Eine Ausnahme bildet das Kloster der Minoriten in Görlitz, welches doch recht zentral in der Stadt liegt (Abb. 4). Doch wie schon erwähnt, lassen sich ob der schlechten Quellenlage keine genauen Auskünfte über fördernde Faktoren während der Gründungsphase machen. Einen Hinweis jedoch gibt Walter Schlesinger, der feststellt, dass in späterer Zeit die Minoriten umfangreiche Unterstützung durch die Wettiner erhielten13.

Fragen

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Dass die häufiger anzutreffende Lage nahe den Stadtmauern auf Wünsche der Bettelorden selbst zurückgeht, hat sich zumindest für das Gebiet der Schweiz und den norddeutschen Raum nicht bestätigt. Gilomen kommt für sein Untersuchungsgebiet zu dem Schluss, dass die Stadtmauern »für die Bettelordensniederlassungen bei der Gründung eher die Ausnahme, gewiss nicht die Regel« war und dass die überwiegende Zahl dieser Bettelordensniederlassungen nach heutiger Kenntnis erst nachträglich in die Stadtmauern einbezogen wurden und erst dabei in die Stadtmauerlage kamen. Die Ursachen für die Mauerlage der schweizerischen Mendikantenkonvente sind durchaus unterschiedlich und bedürfen in jedem einzelnen Fall einer Untersuchung14.

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Mindermann dagegen sieht für den norddeutschen Raum, dass zumindest bei den landesherrlichen Klostergründungen der Aspekt einer zusätzlichen Sicherung der Stadtmauern durch die Bettelordensklöster eine Rolle gespielt haben könnte. Ebenso stellt er fest, dass es einen engen Bezug zwischen einer fürstlichen Residenzbildung und der Gründung von Bettelordensklöstern gab15. Die Standortentscheidung ging auf die Stifter zurück. Einen expliziten Wunsch der Bettelorden eines Standortes, abgesehen von der oben erwähnten Ordensregel, kann man in den Quellen nicht erkennen. Oft erhielten die Orden vom Stadtherrn Grundstücke zugewiesen – in Hamburg und Göttingen sogar ältere und nicht mehr benötigte Herrschaftszentren. Die Randlage der Klöster kann also nicht als eine innere Entscheidung der Orden zur Hinwendung zu den Unterschichten gewertet werden. Oft waren die mit einem Mendikantenkloster ausgestatteten Stadtteile sogar ausgesprochene Areale des stadtsässigen Adels16.

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Für den sächsischen Raum lassen sich ähnliche Aussagen treffen. Zwar wurde in den untersuchten Städten nur das Gelände des Dominikanerklosters in Leipzig urkundlich dem Orden gestiftet, jedoch lässt sich eine allgemeine diesbezügliche Tendenz erkennen. Reinhardt Butz stellt fest, dass »die leitende Hand der Landesherren bei der Übertragung der Stadtkirchen an einzelne Klöster erkennbar ist« und die Wettiner und andere Herrschaftsträger den neuen Orden von Belastungen befreiten17. Die Stadtrand- respektive Stadtmauerlage für die sächsischen Bettelordensniederlassungen lässt sich derzeit nur für jene Städte klären, in denen das Datum des Stadtmauerbaues ermittelt werden kann. Ob und wieweit die Lage auf den Wunsch der Orden zurückgeht lässt sich ebenfalls nur erahnen. Für die Minoritenkonvente kann man ob der schlechten Quellenlage derzeit keine Aussage treffen.

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Wenn man das Problem der Stadtrandlage der Bettelorden untersucht, so sollte man sich folgende Fragen stellen: Wer gründete im 13. und 14. Jahrhundert, warum und wann, in welchem Stadttyp, in welcher Lage, auf wessen Baugrund, welches Bettelordenskloster? Welchen Einfluss hatte der Landesherr auf die Gründung (dabei ist vor allem der lehnshörige Adel zu beachten)? Welchen Einfluss hatte der Stadtklerus auf die Gründung (wichtig scheint bei diesem Faktor vor allem die Beziehung zwischen der Bürgerschaft und dem Stadtklerus zu sein)? Unter welchen Umständen wurde das Kloster gegründet (lokale Kreuzzüge, Predigerunterstützung usw.)? Handelt es sich um eine Übernahme eines vorhandenen Klosters? Welche Rolle spielte das Bürgertum bei der Gründung (besonders in erstarkten Städten trat es häufiger als Stifter auf)?

Anmerkungen:

1 Hans-Jörg Gilomen: Stadtmauern und Bettelorden. In: Stadt- und Landmauern. Bd. 1. Beiträge zum Stand der Forschung. Zürich 1995. (Veröffentlichungen des Instituts für Denkmalpflege an der ETH Zürich 15/1). S. 50.

2 Gilomen: Stadtmauern und Bettelorden. S 45.

3 So wie Colin Platt: The English Medieval Town. London 1976. S. 37 es für die Bettelordensklöster erklärt, aber zugleich den Spitälern ihre Randlage inneren Gründen zuschreibt.

4 Jürgen Sydow: Bürgerschaft und Kirche im Mittelalter. Probleme und Aufgaben der Forschung. In: Ders. (Hrsg.): Bürgerschaft und Kirche. Sigmaringen 1980. (Stadt in der Geschichte, 7). S. 23.

5 Arno Herzig: Die Beziehungen der Minoriten zum Bürgertum im Mittelalter. In: Die Alte Stadt. 6/1 1979. S. 35f.

6 So Gilomen: Stadtmauern und Bettelorden. S. 45.

7 Bernhard E.J. Stüdeli: Minoritenniederlassung und mittelalterliche Stadt. Zur Bedeutung von Minoriten- und anderen Mendikantenanlagen im öffentlichen Leben der mittelalterlichen Stadtgemeinde, insbesondere der deutschen Schweiz. Werl 1969.

8 Die nachfolgenden Ausführungen über die Bettelorden in der Schweiz gehen auf de Untersuchungen von Gilomen: Stadtmauern und Bettelorden. Hier S. 49-58 zurück.

9 Die nachfolgenden Ausführungen beruhen auf den Untersuchungen von Arend Mindermann: Bettelordensklöster und Stadttopographie. Warum lagen Bettelordensklöster am Stadtrand) In: Dieter Berg (Hrsg.): Könige, Landesherren und Bettelorden. Konflikt und Kooperation in West- und Mitteleuropa bis zur Frühen Neuzeit. Werl 1998. Hier S. 85-103.

10 Der Erzbischofssitz des Doppelbistums Hamburg-Bremen befand sich Bremen.

11 Codex Diplomaticus Saxoniae Regiae. Abt. I. 3 Bde. Hrsg. von O. Posse. Leipzig 1882-1898. Hier Band 3, Nr. 440.

12 Walter Schlesinger: Kirchengeschichte Sachsens im Mittelalter. 2 Bde. Köln-Wien 1983. Hier Bd. 2 S. 309.

13 Ebenda. S. 329.

14 Gilomen: Stadtmauern und Bettelorden. S. 55.

15 Mindermann: Bettelordensklöster und Stadttopographie. S. 92.

16 Ebenda. S. 93.

17 Reinhardt Butz: Geschichtliche Grundzüge der Beziehungen zwischen den Landesherren und den Bettelorden im obersächsisch-meißnischen Raum bis zum Ausgang des 14. Jahrhunderts. In: Könige, Landesherren und Bettelorden. Konflikt und Kooperation in West- und Mitteleuropa bis zur Frühen Neuzeit. Hrsg. von Dieter Berg. Werl 1998. S. 125.

Abbildungen:

Alle Abbildungen sind aus Merians Topographia Superioris Saxoniae.

Vedute Leipzig

Abbildung 1: Leipzig

Vedute Freiberg

Abbildung 2: Freiberg

Vedute Zittau

Abbildung 3: Zittau

Vedute Görlitz

Abbildung 4: Görlitz